Auf großer Fahrt über den Ententeich
von Tobias Wesp
In wenigen Wochen steht fest, wer neuer bayerischer Ministerpräsident wird. Natürlich wird, wie man als gut informierter Staatsbürger weiß, der Ministerpräsident nicht direkt gewählt, sondern der Wähler gibt seine Stimme für Landtagsabgeordnete ab, die dann entscheiden, wer die Regierung bilden soll.
Personifiziertes politisches System
Tatsächlich ist das politische System auch in Bayern stark personifiziert und so entscheidet der Spitzenkandidat, der Ministerpräsident werden soll, nicht selten die Wahl. Darum geht für die CSU der Amtsinhaber Markus Söder ins Rennen. Die SPD hat wahrscheinlich auch irgendjemanden aufgestellt. Sollte sich hingegen abzeichnen, dass die Freien Wähler den Ministerpräsidenten stellen sollen, trifft Herrn Aiwanger wohl noch am Wahlabend der Schlag. Im Falle eines Grünen Überraschungserfolgs werden wir endlich herausfinden, ob es Katharina Schulze wirklich gibt oder sie doch nur Hape Kerkeling in einer besonders raffinierten Verkleidung ist.
Der Ministerpräsident und sein Ententeich
Was man bei all dieser Konzentration auf die bayerische Staatsspitze nicht vergessen sollte: Der Ministerpräsident ist zwar der Kapitän des weiß-blauen Schiffes, aber das fährt nur über einen Ententeich. Wenn es über den Ozean gehen soll, steht der Kanzler in Berlin am Ruder. Und der befährt in aller Regel nicht die Wege, die sich der bayerische Wähler wünscht.
Auch beginnt dieser Ozean sehr früh: Über die Erbschaftsteuer, neuerdings ein von der CSU besonders geliebtes Thema, entscheiden keineswegs der Ministerpräsident und die hinter ihm stehende Landtagsmehrheit. Wenn Sozialleistungen bewusst auf bestimmte großstädtische Milieus außerhalb Bayerns zugeschnitten werden, darf der Freistaat trotzdem zahlen. In der Migrationspolitik gibt Berlin die Regeln vor, mit denen bayerische Kommunen zurecht kommen müssen. Was wir an der Tankstelle zahlen, entscheidet der Bund. Führt der deutsche Gesetzgeber ein dubioses Hinweisgeberschutzgesetz ein, können unsere Politiker klatschen oder schimpfen, sie ändern nichts daran.
Ausbruch aus dem Ententeich
Auch der Wähler kann nun im Herbst mit den Schultern zucken, dies bedauern und den Kapitän für den Ententeich wählen. Oder er kann, um bei der Seefahrt zu bleiben, das Steuer herumreißen.
Es gibt, so kann man es zusammenfassen, viele Parteien, die darum streiten, ob Bayerns Politik innerhalb des Ententeichs ein paar Zentimeter weiter rechts oder weiter links fahren soll. Welche davon am Ende des Jahres die Regierung bilden, wird auf das Leben der Bürger kaum einen Einfluss haben. Und es gibt eine Partei, die Bayernpartei, die für einen Ausbruch aus dem Ententeich, für ein selbstbestimmtes Bayern steht.
Dieser Artikel ist kein Wahlaufruf in irgendeine Richtung. Aber wem Bayern am Herzen liegt, der muss sich im Klaren sein, dass diese beiden Möglichkeiten auf dem Wahlzettel stehen: Der schwarz-rot-blau-grün-orange-gelbe Ententeich und die weiß-blaue Eigenständigkeit
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