Oberfranken – Wein, Bier und viel Historie
Die nördlichste Weinregion Bayerns
Obwohl Unterfranken landläufig als Weinland Bayerns gilt, gehört auch Oberfranken zur fränkischen Weinregion – insbesondere der Bereich entlang des Mains zwischen Hallstadt und Lichtenfels. Der sogenannte Weinbau in der Region Bamberg erlebte eine Renaissance: Während im Mittelalter der Bamberger Bischof selbst Weingärten unterhielt, verschwanden diese Anbauflächen über Jahrhunderte fast vollständig.
Erst seit den 1990er-Jahren kehrt der Weinbau zurück, mit Sorten wie Müller-Thurgau, Silvaner und Bacchus, die auf den Muschelkalk- und Keuperböden gedeihen. Kleinere Winzerinnen und Winzer setzen auf naturnahen Anbau und Direktvermarktung.
Was Oberfrankens Weinregion besonders macht, ist die Verbindung von urbayerischer Bierkultur mit fränkischer Weinkompetenz – in kaum einer Region Europas ist die Brauereidichte höher, während gleichzeitig der Weinanbau zur lokalen Identität zurückfindet.
Historische Tiefenschärfe
Oberfranken war über Jahrhunderte ein zersplitterter Raum: Die geistlichen Fürstbistümer Bamberg und Bayreuth standen im Zentrum der Macht, daneben existierten zahllose kleine Herrschaften, Reichsstädte und Klöster. Diese historisch-politische Kleinteiligkeit hat ihre Spuren hinterlassen: In keinem anderen bayerischen Regierungsbezirk gibt es so viele Schlösser, Kirchen und historische Stadtkerne.
Die Säkularisation von 1803 brachte tiefgreifende Veränderungen – die Bistümer verloren ihre politische Macht, Oberfranken wurde Teil des neuen Königreichs Bayern. Die Industrialisierung verlief in Schüben: Besonders im Raum Hof, Kronach und Coburg entwickelten sich Textil-, Porzellan- und später elektrotechnische Industrie.
Städteporträts – Zahlen, Charakter, Substanz
Bamberg – mit ca. 78.000 Einwohnern – UNESCO-Welterbestadt, Verwaltungs- und Kulturzentrum. Die Altstadt ist vollständig erhalten und bietet mit dem Dom, dem Alten Rathaus und der ehemals fürstbischöflichen Residenz ein seltenes Beispiel für barocke Stadtplanung auf mittelalterlichem Grundriss.
Bayreuth – rund 75.000 Einwohner. Bekannt für das Markgräfliche Opernhaus (ebenfalls UNESCO-Weltkulturerbe) und das Erbe Richard Wagners. Neben der Musikkultur ist Bayreuth auch Standort der Universität Bayreuth, die regelmäßig in nationalen Rankings für ihre Forschungsleistung ausgezeichnet wird – insbesondere im Bereich Materialwissenschaften und Polymerforschung.
Coburg – ca. 41.000 Einwohner. Früheres Residenzgebiet der Herzöge von Sachsen-Coburg und Gotha. Internationale Bedeutung erlangte die Stadt durch ihre dynastischen Verbindungen: Noch heute stammen zahlreiche europäische Königshäuser aus diesem Adelsgeschlecht.
Hof an der Saale – mit etwa 46.000 Einwohnern. Lange Zeit Textilzentrum, heute im Strukturwandel begriffen. Die Hochschule Hof hat sich zu einem Technologiehub entwickelt – mit Schwerpunkten in Wasserstofftechnik, Digitalisierung und Logistik.
Oberfranken als Wissensregion
Mit drei Hochschulstandorten – Bamberg, Bayreuth und Hof – sowie zahlreichen Forschungsinstituten ist Oberfranken eine Region mit überdurchschnittlicher Innovationskraft. Die enge Verzahnung von Mittelstand, Handwerk und angewandter Forschung ist ein Erfolgsmodell – gerade auch in ländlichen Räumen.
Sehenswürdigkeiten mit Tiefgang
- Kloster Banz (Bad Staffelstein): Das barocke ehemalige Benediktinerkloster thront über dem Obermain und ist heute Sitz der Hanns-Seidel-Stiftung. Besucher können sich über Geschichte, Architektur und die heutige Bildungsarbeit informieren.
- Festung Rosenberg (Kronach): Eine der besterhaltenen frühneuzeitlichen Festungsanlagen Deutschlands. Die Anlage beherbergt das Frankenwaldmuseum und ist Teil des Nordgaus der Bayerischen Schlösserverwaltung.
- Staffelberg: Der markante Tafelberg war bereits in keltischer Zeit besiedelt. Heute ist er ein beliebtes Ausflugsziel mit Fernblick, archäologischer Bedeutung und spiritueller Prägung – direkt in der Nähe liegt das berühmte Kloster Vierzehnheiligen.
- Felsengarten Sanspareil (Wonsees): Der Landschaftsgarten wurde im 18. Jahrhundert von Markgräfin Wilhelmine von Bayreuth angelegt. Er ist ein einzigartiges Beispiel für Rokoko-Gartenkunst, in dem Natur, Theater und Philosophie verschmelzen.
Fazit: Zwischen Tradition und Transformation
Oberfranken ist mehr als die Summe seiner Städte und Gemeinden. Der Regierungsbezirk verkörpert eine eigenständige fränkische Identität innerhalb des bayerischen Gefüges. Die Wiederentdeckung des Weinbaus ist ein Sinnbild für die Rückbesinnung auf alte Stärken – verbunden mit neuen Perspektiven. Historische Tiefe, kulturelle Vielfalt und wirtschaftliche Erneuerung machen Oberfranken zu einer der spannendsten Regionen Bayerns – auch jenseits touristischer Klischees.


